Swinmark
Grenzlandmuseum

Öffnungszeiten:
1.Mai - 3.Oktober
Samstag und Sonntag von 13.00Uhr - 18.00Uhr
oder nach Vereinbarung

Nach der Wiedervereinigung 1989 waren die Menschen erleichtert und glücklich, beeilten sich die äußeren Zeichen dieser grausamen Trennungslinie zu beseitigen; Grenzzäune und Sperranlagen wurden niedergerissen, zerstört, vernichtet. 
Dieser wichtige Teil unserer deutschen Geschichte darf aber nicht in Vergessenheit geraten und wir müssen stets den vielen Toten und Verletzten gedenken, die ihr Leben und ihre Gesundheit an dieser unmenschlichen Grenze verloren haben. Auch den Menschen, die in Stasi-Verhören gequält und gefoltert wurden dürfen nicht vergessen werden, denn viele leiden noch heute unter dem Erlebten.
Dietrich-Wilhelm Ritzmann hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, die schlimme Zeit der Teilung, aber auch die glückliche Wiedervereinigung zu dokumentieren und der Nachwelt zu erhalten. So entstand das Swinmark-Grenzlandmuseum in Göhr. 

Dietrich-Wilhelm Ritzmann aus Schnega beschäftigt sich seit seiner Kindheit mit der innerdeutschen Grenze, war sie doch nur wenige Kilometer von seinem Wohnort entfernt. Er fotografierte zum Teil mit einem Teleobjektiv das Grenzgeschehen und besitzt heute auf diese Weise eine interessante und historisch wichtige Sammlung von über 500 Foto-Dokumenten.
Nach der Wende fuhr Dietrich-Wilhelm Ritzmann mit einem ehemaligen DDR-Armeefahrzeug LO 2002 in der Grenzregion umher und trug alles an Erinnerungsstücken zusammen was er nur bekommen konnte. In einem ehemaligen Trecker- und Maschinengebäude in Göhr (bei Schnega) baute er 1998 sein Swinmark-Grenzlandmuseum auf. Im Museum kann nicht nur alles bestaunt, sondern auch angefasst und – wie z. B. die Fernmeldeanlage – auch ausprobiert werden. Es gibt hier Original-DDR-Sperranlagen mit Grenzzaun I, Grenzsignal- und Sperrzaun II mit Durchlässen für Niederwild. Fuchs und Hase war so der „kleine Grenzverkehr“ durch Zaunlöcher möglich, ohne die Selbstschussanlagen auszulösen. 

Selbst das rote Absperrband fehlt nicht, das DDR-Soldaten vor einer Republikflucht warnen sollte. Warum die Grenzsäulen mit DDR-Emblem oben so einen kleinen Metallstift haben? Dietrich Ritzmann erklärt schmunzelnd: „Das ist ein ‚Vogelabweisestab’, damit Vögel nicht etwa hinterrücks das DDR-Emblem ungebührlich entehren!“ 

Auch einen deutsch-deutschen Grenzstein und eine Grenzboje aus der Ostsee gibt es hier. In einem anderen Raum werden DDR- und NVA-Uniformen, Dokumente, Urkunden und die verschiedenen DDR-Minentypen gezeigt. Ein kleines Büro ist mit allen Arbeitsutensilien eines NVA-Offiziers ausgestattet. 
Wo liegt Göhr?

Göhr ist ein Ortsteil von Schnega im Landkreis Lüchow-Dannenberg, etwa 5 km von der einstigen innerdeutschen Grenze entfernt und ist über die B71 (Uelzen-Salzwedel) zu erreichen. An der B71 und im Umkreis von Schnega sind Wegweiser aufgestellt, die  es einem leicht machen Göhr zu finden. 

Der Förderverein Swinmark Grenzlandmuseum Göhr e.V.

Um das Museum auch finanziell und personell unterstützen zu können, wurde der Förderverein Swinmark Grenzlandmuseum Göhr e.V. gegründet. Der Verein ist als gemeinnütziger Verein anerkannt und damit berechtigtSpendenbescheinigungen auszustellen.
Der Verein finanziert sich ausschließlich von Mitgliedsbeiträgen der etwa 60 Mitglieder und aus Spendengeldern. Mitglied im Verein kann jeder werden, der die Interessen des Museums unterstützen möchte. Ohne die Unterstützung des Vereins, wäre der Betrieb des Museums nicht möglich.
Auch die Gästebetreuer für das Museum, werden vom Verein ehrenamtlich und unentgeltlich gestellt.

Spenden

Das Museum bekommt keine Gelder aus öffentlichen Mitteln und finanziert sich ausschließlich durch die privaten Mittel von Dietrich-Wilhelm Ritzmann, Eintrittsgelder und Spenden an den Förderverein Swinmark Grenzlandmuseum Göhr e.V.. 

Da der Förderverein als gemeinnütziger Verein anerkannt ist, kann auf Wunsch eine Spendenbescheinigung ausgestellt werden, die beim Finanzamt anerkannt wird und somit steuerlich absetzbar ist.

Nicht nur auf Spenden ist unser Museum angewiesen, auch für kostenlos zur Verfügung gestellte Exponate sind wir sehr dankbar (gerne auch als Leihgabe).
Die deutsch-deutsche Grenze

Als Folge des Zweiten Weltkriegs trennte eine 1.393 km lange Grenze Deutsche von Deutschen: mit Zäunen, Mauern, Stacheldraht, Minen und besonderen Sperranlagen auf der DDR-Seite.
Besatzungszonen und Luftkorridore nach Berlin.
Der Anfang und das Ende der Innerdeutschen Grenze, Deutschland wird in 2 Teile geschnitten und 1989 wieder vereinigt zu einem Deutschen Staat. Das Volk brüllt: "Wir sind das Volk"

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Deutschland durch die Siegermächte in Besatzungszonen eingeteilt, die durch Zonengrenzen voneinander getrennt waren. Durch Zusammenschluss in Bizone und später in Trizone entfielen die internen Grenzen in Westdeutschland. So bezog sich der Begriff Zonengrenze nur noch auf die Grenze zwischen den westlichen Besatzungszonen und der Sowjetischen Besatzungszone. Mit Gründung der beiden deutschen Staaten 1949 wurde aus der Zonengrenze amtlich die deutsch-deutsche Grenze. Im allgemeinen Sprachgebrauch blieben Zonengrenze und Innerdeutsche Grenze weiter erhalten. 
Schon ab 1952 wurde die Demarkationslinie zur Bundesrepublik seitens der DDR aufgrund der Verordnung über Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und den westlichen Besatzungszonen vom 26. Mai 1952 verstärkt abgeriegelt. Dieser Prozess wurde dann am 18. Juni 1954 mit der Anordnung über die Neuregelung der Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der DDR und Westdeutschland formell geregelt. 

Die DDR schuf auf ihrem Gebiet eine fünf Kilometer breite ‚Sperrzone‘, einen 500 Meter breiten mit Stacheldraht gesicherten ‚Schutzstreifen‘ und einen zehn Meter breiten ‚Kontrollstreifen‘ (Grenztruppenjargon: Handlungsstreifen). Die Bewohner der Sperrzone mussten sich registrieren lassen und durften Besucher nur mit Wochen vorher zu beantragender Genehmigung empfangen. "Unzuverlässige" Bürger wurden 1952 in der "Aktion Ungeziefer" beziehungsweise 1961 im Zuge der "Aktion Kornblume" zwangsweise in das Hinterland umgesiedelt. Ab 1971 wurden diese Sperrzonen teilweise aufgelöst oder verkleinert. Zuerst wurde als Sichtschutz ein einfacher Holzlattenzaun aufgebaut, später ein schwerer überwindbarer doppelter Stacheldrahtzaun. Seit 1957 hieß die Demarkationslinie in der DDR offiziell „Staatsgrenze West“. 

Seit den 1960er Jahren wurde die deutsch-deutsche Grenze durch die DDR immer stärker ausgebaut, um die Massenflucht in den Westen zu unterbinden. In der offiziellen Darstellung der DDR war es jedoch der "antifaschistische Schutzwall", der die DDR vor Übergriffen aus dem Westen bewahren sollte. Neben den dort stationierten ca. 30.000 Grenzsoldaten der Grenztruppen, die den Befehl hatten, die Flucht mit Waffengewalt zu unterbinden, war die Grenze seit 1961 auf ostdeutscher Seite teilweise vermint und mit Signalzäunen sowie von 1970 bis 1983 mit Selbstschussanlagen ausgestattet, die auf den geräumten Grenzstreifen der DDR hin ausgerichtet waren (so genannter "Todesstreifen"). 

 In die Sperranlagen an der Grenze wurde eine größere Anzahl von strikt geheim gehaltenen Schleusen eingebaut. Sie wurden von den Mitarbeitern der Abteilung Verkehr beim Zentralkomitee der SED und den von ihnen eingerichteten „Westgruppen“ genutzt, um illegal Personen, vor allem Funktionäre der KPD und der SED, in beide Richtungen zu „schleusen“, Geldsendungen für die KPD und später die DKP, Informationsmaterial für Parteifunktionäre sowie Propagandamaterial in die Bundesrepublik Deutschland zu bringen. Auch das Ministerium für Staatssicherheit unterhielt solche Schleusen zu nachrichtendienstlichen Zwecken.
In einem Zusatzprotokoll zum Grundlagenvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR wurde 1972 eine Überprüfung und eindeutige Markierung des Grenzverlaufes vereinbart. 

Es existierten 870 km Grenzzaun, dazu auf 440 km Selbstschussanlagen SM-70, 230 km Minenfelder Typ 66, 602 km Kfz-Sperrgräben und 434 Beobachtungstürme. In der DDR wurden Flüchtlinge als „Republikflüchtlinge“, die „abgehauen“ sind, diffamiert; ihre zurückgelassenen Familien waren Repressionen ausgesetzt. 

Ein besonderer Abschnitt war die Berliner Mauer, die seit dem 13. August 1961 die drei Westsektoren Berlins von Ost-Berlin und der DDR abschnitt. Ähnliche Mauern aus Betonelementen wurden an der deutsch-deutschen Grenze auch dort errichtet, wo sich auf der DDR-Seite grenznahe Siedlungen befanden, zum Beispiel in Mödlareuth. Ansonsten bestand die innerdeutsche Grenze aus mehreren Metallgitterzäunen mit Signalanlagen, Gräben etc. Nachts wurde der unmittelbare Schutzstreifen beleuchtet. 

1983 wurden auf Druck der Bundesregierung die Selbstschussanlagen abgebaut, Erdminen gesprengt (beides gab es nicht an der Berliner Mauer) und Hundelaufanlagen abgebaut, als Gegenleistung für von Franz Josef Strauß vermittelte Milliardenkredite. Auch danach wurden "verdächtige" Reisende oft schon in der bis zu 5 km tiefen Sperrzone und im Hinterland der Grenze von der Volkspolizei, dem zuständigen ABV, Stasi-IM und ca. 3.000 "freiwilligen Helfern der Grenztruppen" dem zuständigen Grenzkommando gemeldet und 90% aller "Grenzverletzer" schon weit vor dem letzten Grenzzaun I abgefangen. Der Zutritt war nur mit einem Passierschein möglich, der nur Anwohnern und in einzelnen Sonderfällen nach sorgfältiger Überprüfung erteilt wurde. 

Beim Ausbau der Grenzanlagen störende Höfe und Dörfer wurden nach und nach entvölkert und danach zerstört. Auf diese Weise sind zahlreiche Hofanlagen und Dörfer verschwunden, ihre Postleitzahlen wurden in den Verzeichnissen weitergeführt. Beispiele solcher Dörfer sind Billmuthausen (zerstört von 1965 bis 1978), Erlebach (zerstört von 1975 bis 1986) und 
Leitenhausen (zerstört 1971) im Landkreis Hildburghausen sowie Bardowieck, Grabenstedt, Jahrsau (zerstört 1970), Kaulsroth, Liebau (zerstört 1975), Lenschow, Korberoth, Neuhof und Stöckicht.

Mit der Öffnung der Grenze (Mauerfall) am 9. November 1989 unter dem DDR-Staatsratsvorsitzenden Egon Krenz kam es zu einer Entwicklung, die letztlich zur Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten am 3. Oktober 1990 führte. Damit hörte die innerdeutsche Grenze auf zu bestehen. 

Noch heute wird allerdings gerne die "Mauer in den Köpfen" angeführt, wenn es um anhaltende Auseinandersetzungen zwischen Ost- und Westdeutschen geht. 

Von der DDR in die Bundesrepublik flüchteten seit 1949 etwa 2 Millionen Menschen; in der gleichen Zeit siedelten etwa 200.000 Personen von der Bundesrepublik in die DDR über. 

Der Bundesgrenzschutz informierte damals: “ Grenzverlauf zur DDR beachten!“

Der Bundesgrenzschutz hatte die Aufgabe, die Staatsgrenze zur DDR zu überwachen und zu sichern. Wie wir wissen wurde in der DDR die Staatsgrenze ja durch die Grenztruppen der DDR gesichert. Bei uns in der BRD wurde durch den Staatsvertrag mit den Siegermächten ausgemacht, dass die Bundeswehr an der Innerdeutschen Grenze nicht zum Einsatz kommt. Es gab einige Unterschiede auch im Verhalten der Bundesgrenzschützer zu denen der DDR Grenztruppen. Der Bundesgrenzschutz verhinderte nicht, dass Bürger der BRD die Grenze übertreten da dieses mit deutlichen Schildern gekennzeichnet worden ist. Da sich aber in den 80er Jahren die Grenzübertritte durch Unwissen immer mehr häuften, hat der BGS einen Infozettel an jeden Grenz-Tourist mit folgenden Inhalt verteilt:

Besucher des Grenzgebietes sind großen Gefahren ausgesetzt, wenn sie aus Unkenntnis oder Leichtsinn den Grenzverlauf zur DDR nicht beachten!
Häufig geschieht dies aufgrund der irrigen Annahme, das Gelände zwischen Grenzverlauf und Grenzsperranlagen der DDR sei Niemandsland.
An der Grenze zur DDR gibt es k e i n  N I E M A N D S L A N D !! 

 1.    Die DDR Grenzanlagen, insbesondere der Metallgitterzaun, bilden nicht die Grenze zur DDR! Die Anlagen stehen vielmehr in unterschiedlicher Entfernung jenseits der Grenze auf dem Gebiet der DDR.

 2.     Der genaue Grenzverlauf ist gekennzeichnet durch Grenzmarkierungen. Zusätzlich weisen die vom Bundesgrenzschutz aufgestellten Hinweistafeln "Halt! Hier Grenze" auf den Verlauf der Grenze hin.
 3.     Jeder, der sich im Gebiet unmittelbar an der Grenze zur DDR aufhält, sollte sich deshalb sorgfältig vergewissern, wo die Grenze zur DDR genau verläuft, um sich oder andere nicht in gefährliche Situationen zu bringen.

 4.     Es wird empfohlen im Grenzgebiet nur befestigte Strassen und Wege zu benutzen. Hier ist der Grenzverlauf besonders gut zu erkennen. Die Grenzsperranlagen der DDR sind von zahlreichen, gesicherten Übersichtspunkten aus gut einsehbar. Fragen Sie die Beamten des Bundesgrenzschutzes, des Grenzzolldienstes oder andere ortskundige Personen nach diesen Punkten.

 5.     Auf dem Gebiet der DDR gelten andere Gesetzesvorschriften als in der Bundesrepublik  Deutschland. Es ist bekannt, dass Grenzorgane der DDR bei der Überwachung der Grenze zu größter Schärfe angehalten sind. Wer die Grenze entgegen allen Warnungen überschreitet - wenn auch unabsichtlich oder ganz geringfügig -, begibt sich in Gefahr.
Umgang mit gestellten Grenzverletzern

1974 wurde an der innerdeutschen Grenze ein Flüchtender 20 Minuten, nachdem er von Minen verletzt wurde, an den Beinen in das Hinterland geschleift und auf einen LKW verladen, der noch 20 Minuten stehen blieb. Erst zwei Stunden nach dem Vorfall erfolgte die Einlieferung in ein Krankenhaus. Ein Angeschossener wurde 1961 von den Tätern und zwischenzeitlich eingetroffenen Grenzpolizisten in ein Gebüsch nahe dem Tatort etwa zwei Stunden liegengelassen. Nur durch eine sofort nach dem Eintreffen medizinischer Hilfe ein geleitetet Notoperation konnte das Leben des Opfers gerettet werden.
1976 wurde in der Nähe eines Grenzübergangs liegender Verletzter zunächst von der Fahrbahn auf ein etwas höher gelegenes Gelände neben der Autobahn gezogen. Erst dann wurde er auf eine Trage gelegt, in einen LKW gebracht und zur Kaserne gefahren. Ein Arzt wurde aus 20 Kilometer Entfernung herbeigerufen und fand das Opfer auf der Ladefläche des LKW vor. Er durfte den mittlerweile Verstorbenen jedoch nur oberflächlich untersuchen. Auch einem lebensgefährlich verletzten Flüchtenden der mehrfach um Hilfe bat, wurde von keinem der anwesenden Angehörigen der Grenztruppen geholfen. Statt dessen wurde er an den Händen zu einem Turm geschleift und dort an einer vom Westen nicht einsehbaren Stelle liegen gelassen. 
Nach der Schussabgabe auf den erschossenen Journalisten Kurt Lichtenstein wurde nicht auf die Forderung eines westdeutschen Ehepaares eingegangen, den Verletzten herauszugeben, damit er in ein Krankenhaus gebracht werden könne. Etwa eine Stunde nach dem Vorfall trafen Offiziere am Tatort ein, die veranlassten, dass Lichtenstein zu einer anderen Stelle gebracht wurde. Es dauerte eine weitere Stunde, bis ein Sanitätsfahrzeug kam, das anderweitig unterwegs gewesen und nicht mit Funk ausgestattet war.
Ein Vorfall, der sich besonders in das Bewustsein der Öffentlichkeit eingebrand hat, ist die Tötung von Peter Fechter im Jahre 1962. Nahezu 50 Minuten lang lag er schwer verletzt am Fuße der Mauer, ohne medizinisch versorgt zu werden. Nach den Feststellungen des Gerichts handelte es sich hierbei nicht um eine beabsichtigte  und gezielte Aktion. Vieles deute  darauf hin, dass Desorganisation und Konfusion seitens der verantwortlichen Offiziere dafür verantwortlich waren und das die Grenztruppen auf einen derartigen Fall nicht eingerichtet waren. Den Grenzsoldaten selbst war das Betreten des Zehn-Meter-Streifens verboten. Eine Frau wurde daran gehindert, zum Verletzten zu laufen und ihm Erste Hilfe zu leisten. Auch ein herbeigekommener Zugführer unterließ es, den Schwerverletzten zu bergen und zu versorgen. Wegen der Untätigkeit auf östlicher Seite wurde von westlicher Seite Verbandszeug über die Mauer geworfen, damit Fechter sich die Wunden vorerst selber verbinden könne. Sechs Tage später und ganz offentsichtlich aufgrund des Vorfalls erging am 23.08.1962 ein Befehl des Kommandeurs der 1.Grenzbrigade, entlang der Grenze Rettungsfahrzeuge in ständiger Alarmbereitschaft zu stationieren. 

Schusswaffengebrauchsbestimmung

Nach dem Befehl des Ministers für Nationale Verteidigung Nummer 76/61 vom 6.Oktober 1961 waren die Angehörigen der Grenztruppen verpflichtet, Grenzverletzer notfalls unter Einsatz der Schusswaffe festzunehmen. Die Durchführungs-Anweisung Nr.2 zum Befehl des Ministers des Inneren vom 19.März 1962 forderte von den Angehörigen der Grenzbrigaden, falls erforderlich, die Anwendung der Schusswaffe, um die Festnahme von Grenzverletzern herbeizuführen. Die Durchführungsvorschrift DV 30/9 des Ministeriums für Nationale Verteidigung vom 1.August 1963 ordnete an, dass die Festnahme von Grenzverletzern mit allen Mitteln erzwungen werden sollte. In der DV30/10 vom 1.Mai 1967 des Ministeriums für Nationale Verteidigung war ebenfalls die Pflicht zum Einsatz der Schusswaffe vorgeschrieben, um Grenzdurchbrüche zu verhindern und die Festnahme von Grenzverletzern zu erreichen.

Beim Versuch, aus der DDR über die Grenzsperren in den Westen zu flüchten, wurden hunderte Menschen erschossen, Dutzende kamen in den Minensperren um. Das an dieser Grenze wehrlose Menschen verletzt oder getötet wurden, die "nichts weiter wollten, als von Deutschland nach Deutschland zu gehen", ist in vierzig Jahren DDR in westlichen Medien unzählige Male verbreitet worden. Immer wenn dort einzelne Gewalttaten detailliert  geschildert wurden, bezeichnete man das in der SED-Presse als "maßlose Hetze gegen die DDR und ihre Grenzsicherungsorgane" und wies die Berichte empört als Lüge zurück. 

Tod durch Erdminen 

Zunächst wurde auf Beschluss des nationalen Verteidigungsrates der DDR am 15.September 1961 die Deutsche Grenzpolizei als Kommando Grenze der Nationalen Volksarmee in das Ministerium für Nationale Verteidigung (MfNV) eingegliedert. Damit fand die Entwicklung der Grenzpolizei hin zu einem militärischen Organ ihren faktischen Vollzug. Gleichzeitig begann ein neuer Entwicklungsabschnitt der militärischen Grenzsicherung der DDR. Der 1974 in "Grenztruppen der DDR" umbenannte etwa 50.000 Mann starke Verband hat  den Auftrag, die Grenzanlagen zu überwachen und jeden Versuch einer "Republikflucht" zu verhindern. Der Tod von Flüchtlingen wird dabei bewusst in Kauf genommen. Der Dienst bei den Grenztruppen gilt als Vertrauensbeweis. Weil die "Friedenssicherung am antifaschistischen Schutzwall" - so die offizielle DDR-Bezeichnung für die Tätigkeit der Grenztruppen - häufig zur Flucht benutzt wird, werden nur politisch besonders zuverlässige Soldaten eingesetzt.
Bereits am 14.September 1961 "empfahl" der Oberkommandierende der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland, Marschall Iwan S. Konew, der DDR-Regierung, den pioniertechnischen Ausbau der "Staatsgrenze West" mit der Errichtung von Drahtsperren, Minenfeldern, Signaleinrichtungen und Beobachtungstürmen vorzunehmen. Hunderte von Flüchtlingen wurden durch diese Erdminen verstümmelt. Etliche verbluteten in den Minenfeldern, weil sie nicht rechtzeitig gefunden oder geborgen werden konnten.

Tod durch Splittermine SM-70

Um eine "neue Qualität im pioniertechnischen Ausbau der Staatsgrenze" zu erreichen und die Effektivität der Grenzsicherung zu erhöhen, erfolgte ab dem 9.Oktober 1970 der Einsatz der Splittermine SM-70 im Grenzeinsatz. Dieses im Sinne der Grenzsicherung hochwirksame Sperrelement konnten "Grenzverletzer" nur unter Lebensgefahr überwinden. Die Sperranlage 501 bzw. 701 mit der Splittermine SM-70 konnte einen Abschnitt von ca. 5km sperren, der wiederum in zwei Zonen zu je neun Abschnitten unterteilt war. Die Minen selbst waren "freundwärts" am Grenzzaun-I versetzt in drei Reihen vertikal angebracht und mit drei Spanndrähten verbunden. Die äußeren zwei stellten Wild- bzw. Vogelabweiser, der mittlere den Auslösedraht dar.
Bei Berühren oder Zerreißen des Auslösedrahtes wurden etwa 180 scharfkantige Metallsplitter mit 110g TNT-Sprengstoff aus dem Schusstrichter bis zu einer Entfernung von 120m herausgeschleudert, die starke, im Nahbereich auch tödliche Verletzungen verursachten. Die Splittermine war zum Teil so heftig, dass sogar Löcher in den Metallgitterzaun gerissen wurden. Bei Detonation einer SM-70 erfolgte gleichzeitig eine optische und akustische Anzeige der jeweiligen Zone und des Abschnittes auf der Prüf- und Schaltanlage der zuständigen Führungsstelle.


Die historische Entwicklung des DDR-Grenzsystems in Stichworten:

1945
Aufstellung blau-rot gestreifter Holzpfähle an der Grenze durch die sowjetische Besatzungsmacht im Einvernehmen mit der britischen Besatzungsmacht.

1952 und 1953
Errichtung der 1.Grenzsperre auf DDR-Gebiet unmittelbar in Grenznähe: >>Grenz- oder Warnzaun<<,1,20m hoher Stacheldrahtzaun, Holzpfähle. Dahinter >>10m Kontrollstreifen<< (gepflügter und geeggter Geländestreifen zur Spurensicherung).

13.08.1961
Baubeginn der >>Berliner Mauer<<. Gleichzeitig Beginn des Baues des zweireihigen Stacheldrahtzaunes an der Landgrenze zur Bundesrepublik Deutschland. Betonpfeiler, ca. 1,80m hoch. Zaun wurde abgesetzt von der Grenze (ca. 10 bis 30m) errichtet. Den >>Grenz- oder Warnzaun<< ließ man anschließend verfallen (1949-1961: 2,7 Millionen Flüchtlinge aus der DDR nach Berlin-West bzw. in die Bundesrepublik). Bevölkerungszahlen der DDR~ 17 Millionen, der Bundesrepublik~ 62 Millionen. Gelände zwischen den Zaunreihen wurde später vermint oder mit zusätzlichen Stacheldrahtrollen versehen. Im Anschluss an den Zaun: 6m Kontrollstreifen (Spurensicherung).

1966
Errichtung eines 1. Teilstücks des 2-reihigen Metallgitterzaunes (2,40m hoch). Betonpfeiler, Metallgitter-Platten (Streckmetall). Erste Errichtung eines Kraftfahrzeug-Sperrgrabens (zwischen 2-reihigen Stacheldrahtzaun und >>Kontrollstreifen<<)

1967
Aufstellung der DDR-Grenzsäulen mit Hoheits-Emblem. 2 bis 5m von der Grenze entfernt.

1967 bis 1968
2-reihiger Stacheldrahtzaun aus dem Jahre 1961 wird in größerem Umfang durch 2-reihigen Metallgitterzaun ersetzt; zunächst nur im Bereich grenznaher Ortschaften, später auch in den übrigen Bereichen (letzte Lücke gegenüber Niedersachsen - 550km Grenze zur DDR - am 7.Juli 1977 geschlossen).

1969
Beginn der Errichtung der neuen, runden Beobachtungstürme (>BT 11<. = 11m hoch) Davor: Holztürme.

November 1970
Erste Montage der sog. >>Selbstschussanlage SM-70<< an den Metallgitterzäunen. Test-Anlage. Ab 1971 betriebsbereit. Auslösedraht, Kontaktgeber, 2 Stromkreis (einer zur Zündung der Splittermine, der zweite zur Auslösung des Alarms im nächsten Führungspunkt), elektrische Sprengkapsel, Hauptsprengladung 102g, 118 Stahlwürfel 4mm, wirksamste Schussentfernung bis ca. 25m.

1972
Ausbau der ersten BT 11 zu militärischen Befehlsstellen (umgebauter Betonbunker)

1973
Erste Errichtung des sog. >>Schutzstreifenzaunes<< - zweiter Zaun im Hinterland (ca. 500m von der Grenze entfernt). 1,80m hoch, Betonpfähle, unten eine Metallgitterplatte, darüber 13 Stacheldrahtreihen, die über Isolatoren geführt sind, Schwachstrom führen und mit optischen und akustischen Alarmanlagen verbunden sind.

Mai 1973
Erste eckige Betontürme. Grundfläche 2,50m x 2,50m oder als Befehlsstelle 4m x 4m. Größere Stabilität bei Stürmen als die runden B 11.

September 1983
An einigen Stellen wird beobachtet, dass die DDR die Selbstschussanlagen (SM 70) abbaut.


Begegnungen an der Grenze

Oft standen sich die DDR-Grenztruppen und der Bundesgrenzschutz, sowie der Zoll nur wenige Meter entfernt gegegnüber - sprechen durften die DDR-Grenzer aber nicht mit ihren westlichen Kollegen, ihre Aufgabe beschränkte sich einzig und allein auf Beobachtung. Auch winken oder andere freundliche Gesten waren streng verboten.



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